Markus Metz und Georg Seeßlen – Freiheit und Kontrolle

Vorab: Es hat seine Zeit gedauert, um mit diesem Buch fertig zu werden. Wie schon seinerzeit in dem gemeinsamen Textmonster „Blödmaschinen – Der Fabrikation der Stupidität“, verlangen die Autoren Metz und Seeßlen dem Leser einiges ab. Allerdings kommt ihr neues Traktat „Freiheit und Kontrolle – Die Geschichte des nicht zu Ende befreiten Sklaven“ ziemlich schnell zum Kern. Keine seitenlangen Erklärungen über das entsprechende wissenschaftlich, soziologische Verfahren, um sich den Begriffen zu nähern. Die Autoren nutzen die Möglichkeiten des Essays um sich das ewige Thema Freiheit und Kontrolle von allen Seiten einem kritischen Blick zu unterziehen. Über allem steht die große bürgerliche Metapher: Der Weg zur Freiheit führt über die Kontrolle. Nun hatte und hat der Begriff Freiheit zu allen Zeiten eine unterschiedliche Betrachtung und Gewichtung erfahren. In der Jetztzeit scheint sich die Gewichtung von der politischen mehr auf die individuelle Freiheit zu verlagern. Das heißt, der Staat erlaubt seinen Bürgerinnen und Bürgern nach ihrem Geschmack zu leben. Daraus kann nach Ansicht der Autoren die „Freiheit im Neoliberalismus sein, sich nicht benehmen zu müssen“, oder aber, als Troll alles uneingeschränkt äußern und in die Welt hinausposaunen zu dürfen, was einem unreflektiert durch den Kopf geht. Dem gegenüber steht eine neue Form der Kontrolle. Sie zeigt sich z.B. in der Statistik, einem Mittel, eine Gesellschaft zu beherrschen, ohne die subjektive Freiheit des Einzelnen anzutasten. Das heißt auch: Die Götter sind in Form von Mikroprozessoren und Algorithmen wiedergekehrt. „Freiheit und Kontrolle“ ist eine unglaubliche Fundgrube voller Ideen, Querverweisen und klugen Gedanken zum Thema. Ein Buch zum Suchen, Wiederfinden, neu lesen, neu denken und nachschlagen. Eigentlich zu schade für ein Paperback. Unabdingbar für jeden Homo Politicus, der auch einmal das Schwadronieren über einen Sachverhalt aushalten kann.

 

Text: Ulf Engelmayer
Markus Metz und Georg Seeßlen –  Freiheit und Kontrolle, TB, 461S., 20€
Suhrkamp, 978-3-518-12730-8

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