Eine Biografie über die Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir, bringt das noch neue Erkenntnisse in der heutigen Zeit? Diese Frage ist uneingeschränkt mit ja zu beantworten, auch wenn der Einstieg in die aktuelle Biografie von Kate Kirkpatrick etwas holprig daherkommt. Dies hat aber weniger mit der Autorin zu tun, sondern eher mir der sehr widersprüchlichen Persönlichkeit Beauvoirs. Schon früh verwickelt sie sich in ein polyamouröses Geflecht von Beziehungen. Dies machte sie als Person unter den damaligen Umständen angreifbar und führte im frauenfeindlichen Umfeld dazu, ihr Werk herabzusetzten und sie als reine Mitläuferin ihres Gefährten Jean Paul Sartre zu bezeichnen. Kirkpatrick gelingt es sehr gut – unterstützt durch neues Material wie Briefe und Tagebücher – ein unaufgeregtes Bild von Simone de Beauvoir zu zeichnen. Und: sie rückt den Stellenwert dieser Philosophin gerade. Ohne Bücher wie „Das andere Geschlecht“ wären die feministischen Debatten wohl langsamer verlaufen. Die „me too Bewegung“ für ein selbst bestimmtes und selbstbewusstes Leben und der Kampf gegen die Unmündigkeit der Frau, alles Themen die Beauvoir gegen viele Widerstände auf die politische Agenda gesetzt hat.
Ihr Leben – das zeigt die Biografie ganz klar – war ein ständiger Kampf gegen die Zurücksetzungen als Frau. Interessant ist zudem das Sartre nicht als der alleinige Dreh- und Angelpunkt in ihrem Leben dargestellt wird. Ausführlichen Raum nehmen ihre Beziehungen mit dem amerikanischen Autor Nelson Algren und mit Claude Lanzmann ein. Als Einstieg in das Leben einer der einflussreichsten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts ist diese Biografie hervorragend geeignet. Sie macht Lust darauf, Beauvoir im Original zu lesen. z.B. ihren Roman „Die Mandarine von Paris”.
Text: Ulf Engelmayer
Kate Kirkpatrick – Simone de Beauvoir, HC, 25€
Piper Verlag, 978-3-492-07033-1