Elon Musk: Eine faszinierende Biografie, die einen intimen Blick auf diesen risikobereiten und zugleich umstrittenen Unternehmer wirft.
Geschrieben von Walter Isaacson, einem der renommiertesten Biografen der USA. Wer dessen differenzierte Biografie über Steve Jobs gelesen hat, der wird sich gerne auf das Buch über Elon Musk einlassen. Zwei Jahre lang konnte der Autor Walter Isaacson den Unternehmer aus nächster Nähe beobachten, einschließlich der Teilnahme an Meetings und Besuchen in seinen Fabriken.
Musk, aufgewachsen in Südafrika, wurde geprägt durch seinen herrschsüchtigen Vater. Früh wird er darauf trainiert, sich unter allen Umständen und mit allen Mitteln durchzusetzen. Schnell wird es für ihn zu eng in Südafrika, es zieht ihn in die USA. Dort gelingt es ihm ein Stipendium an der University of Pennsylvania zu bekommen. Er wählt Physik als Hauptfach. Als Technikfreak der ideale Zugang um jedes Problem zu lösen, das auf den Prinzipien der Physik beruht. Betriebswirtschaftler sind ihm ein Greul, eine Haltung, die ihn für sein weiteres Leben prägt. Da er kontaktscheu ist, er leidet am Aspergersyndrom, verfügt er nur über eine sehr überschaubare emotionale Kompetenz. Er ist ein Vielleser und exzessiver Gamer. Ein Lieblingsbuch ist Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“. Im Universum des Strategiespiels „Polytopia“ gelingt es ihm, komplett abzuschalten.
Asperger führt bei Musk dazu, dass er Stimmungen im Raum nur schwer einschätzen kann, ebenso die Auswirkungen seines Verhaltens auf Mitarbeiter. Wer nicht auf seiner Linie liegt, oder nicht angemessen liefert, wird schnell im Job aussortiert. Das führt zu dem öffentlichen Bild als rücksichtslosen Unternehmer, der keine Empathie für seine Mitarbeiter zeigt. Der Erfolg des Unternehmens, genauer gesagt der Erfolg des Produkts, steht über allem. Dies gilt sowohl für seine Autofirma Tesla, als auch für sein Lieblingsprojekt Space X. Doch man muss sagen, fachlich weiß Musk, wovon er spricht. Programmiersprachen sind für ihn kein Buch mit sieben Siegeln, die kreative Arbeit des Entwickelns eines Produkts, oder das Detailwissen über Materialien sind für ihn normal. Das Infragestellen von Selbstverständlichkeiten zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Es geht immer um Optimierung, Ressourceneinsparung oder eine oft visionäre Sichtweise.
Der Fokus auf die Vision führt dazu, dass Musk mit seinen Prognosen, insbesondere in Bezug auf Produktionszahlen, nicht immer richtig liegt. Das bringt seine Unternehmen oft in eine kritische Situation. Ein besonderer Reiz dieses Buches liegt in seiner Aktualität. Der Übernahme von Twitter (jetzt X) wird viel Raum gewidmet. Nach der Übernahme des sozialen Mediums und einem massiven Personalabbau bei Twitter stößt Musk schnell an seine Grenzen. Werbekunden melden sich ab, es gibt massive Kritik an seinem direkten Auftreten auf der Plattform. Dennoch ist sich Musk schnell darüber im Klaren, dass es wenig Sinn macht, das Mantra über den absoluten Wert der freien Meinungsäußerung zu wiederholen. Für ihn gibt es einen Unterschied zwischen dem, was die User posten dürfen, und den Kriterien, nach denen Inhalte von Twitter verstärkt verbreitet werden. “Ich finde, es gibt einen Unterschied zwischen freier Meinungsäußerung und Reichweitenfreiheit”, sagt er. Ob er diese Erkenntnis in Zukunft in die Tat umsetzen wird, bleibt abzuwarten.
Die Biografie über Elon Musk besticht zudem durch zahllose Details, insbesondere über sein Privatleben und seine Familie. Auch die Dämonen, die Musk antreiben, werden nicht verschwiegen. Statt eines ausführlichen Bilderteils finden sich für jedes Kapitel Briefmarken große Bilder von ihm und seinen Weggefährten. Es handelt sich um eine gelungene und faszinierende Biografie über Elon Musk, die einige Dinge erklärt, bzw. in ein neues Licht rückt. Elon Musk, dieser erratische Unternehmer, Visionär, Wirtschaftslibertärer und politisches Irrlicht wird dadurch aber nicht unbedingt sympathischer. Was von ihm bleiben wird, das wird die Geschichte entscheiden.
Text: Ulf Engelmayer
Walter Isaacson – Elon Musk – Die Biografie, HC, 38,-€
C.Bertelsmann, 978-3-570-10484-2