Unser Planet im Jahr 2381: die Bevölkerung ist fast ausgelöscht, die Erdoberfläche unbewohnbar. Die letzten Überlebendenden fristen ihr Dasein in drei sogenannten unterirdischen Archen. Die Körper werden in Tanks am Leben gehalten, ihren Alltag verbringen die Bewohner in einer fast perfekten digitalen Welt, dem sogenannten Holovit. Nur bestimmte Servicetechniker dürfen für eine bestimmte Zeit ihren Tank verlassen, um z.B. die Server und die Energieerzeugung zu warten, oder sich um die externen Drohnen, die die Erdoberfläche überwachen, zu kümmern.
Die Studentin Kaja Anderson, die zur Elite der Arche Hope of Tomorrow gehört, genießt alle Privilegien dieser digitalen Welt. Zudem erhofft sie sich die Zulassung zum staatlichen Familienplanungsprogramm Hope. Plötzlich kommt es in der Arche zu mehreren gravierenden Zwischenfällen, die Kaja zweifeln lassen, dass sie in einer perfekten Welt lebt. Durch mehrere Blackouts werden die Einwohner auf ihre Existenz in ihren Tanks zurückgeworfen. Diese zutiefst verstörenden Erfahrungen lösen bei vielen Bewohnern Ängste aus, die von den staatlichen Institutionen dazu genutzt werden, ihre eigene Agenda zu verfolgen. Als Kaja über ihren Studienkollegen Liam Turner eine Gruppe Darksurfer kennenlernt, begreift sie, dass es noch andere Optionen zum Käfigleben gibt.
Algorytmica ist Marion Herzogs erstes Buch im Genre Science-Fiction. Weibliche Autorinnen sind hier schon per se spärlich gesät, sprich sci.fi ist für Neueinsteigerinnen schon deswegen ein schwieriges Terrain. Insgesamt darf man zu diesem Debüt gratulieren und auf mehr hoffen. Der Entwurf dieser digitalen schönen Welt ist brillant, auch wenn sich Parallelen zur Matrixwelt zeigen. Herzog hat aber die ganze Action weggelassen und verlagert die Auseinandersetzungen eher auf eine intellektuelle Ebene. Dies mit einigen schon deutlichen Seitenhieben auf die heutige digitale Welt. Trotz einiger Längen im letzten Drittel lohnt es sich, in der Welt der Arche „Hope of Tomorrow“ einzutauchen. Der Schluss legt eine mögliche Fortsetzung nahe.
Text:Ulf Engelmayer
Marion Herzog – Algorytmica, PB, 16€
Heyne, ISBN 978-3-453-42451-7