Develish, Devon, 1348
Sir Richard of Develish verläßt seine Burg um für seine Tochter einen Heiratsvertrag zu unterzeichnen. Zurück bringt er den Tod. Die Pest wütet in Europa und hat auf dem Seeweg Großbritannien erreicht. Sir Richard wollte Peter of Bradmayne für seine Tochter werben, aber in Bradmayne sterben zunächst im Dorf und anschließend auch auf der Burg die Menschen an einer unheimlichen Krankheit. Gyles Statout, ein früherer Leibeigener ist jetzt Mitglied der Garde Sir Richards. Er beobachtet die Kranken und mahnt zum Aufbruch. Auf dem Weg zurück nach Develish erkranken und sterben viele Gardemitglieder. Auch Sir Richard ist erkrankt. Eine Woche nachdem Sir Richard seine Burg verlassen hatte, erhält seine Frau Lady Anne eine Nachricht von einem Boten des Bischofs, dass eine Seuche ausgebrochen ist. Dunkle Beulen an Hals, Leiste und Achseln, hohes Fieber und ein schwarzer gefärbter Körper lassen die Menschen in kürzester Zeit dahinsiechen. Der Schwarze Tod war auf dem Anmarsch und es gab keine Heilmittel. Lady Anne war in einem Kloster aufgewachsen und hatte dort viel über Heilkunde erfahren. Sie hatte gelernt, Gesunde und Kranke zu trennen, um Ansteckung zu vermeiden. Sie wusste auch um die Wirkung von Sauberkeit und Bildung. In Develish hatte sie bereits vielen Kranken helfen können. Ihr Gelingen wurde aber als die Gnade Gottes angesehen. Die Kirche hatte im 14. Jahrhundert große Macht. Lady Anne wusste was sie tun musste. Sie ließ Develish für alle die von außen in die Burg wollten schließen. Alle Lebensmittel wurden rationiert. Als ihr Mann schwer erkrankt vor den Burgtoren auftaucht, verwerte sie ihm und seinem Gefolge den Zutritt. Im Dorf, vor den Burgtoren waren genug Lebensmittel und Wasser, um die Kranken zu versorgen. Gyles Statout schien die Pest nichts anhaben zu können und er versorgte die Kranken bis zu ihrem Tod. Auch Sir Richard starb an der Pest. Lady Annes Tochter Eleanor hasste ihre Mutter dafür und gab ihr die Schuld am Tod des Vaters. Eleanor war eine vom Vater verwöhnte, hochmütige und eigensinnige junge Frau. Sie wartete nur auf eine Gelegenheit der Mutter zu schaden. Die Burg war jetzt vor der Pest sicher, aber auch abgeschnitten von jeglichen Nachrichten. Nur Gyles war immun gegen die Pest und konnte außerhalb der Burg Erkundigungen einholen. Gefahren von außen waren immer noch eine große Bedrohung. Das Leben auf engstem Raum war nervenzehrend und Auseinandersetzungen der Bewohner waren nicht selten. Eines Tages geschieht ein Mord und die Gemeinschaft droht zu zerreißen. Minette Walters stellt mit „Die letzte Stunde“ ihren ersten historischen Roman vor. Athmosphärisch dicht, beschreibt die Autorin das Leben auf einer Burg im 14. Jahrhundert. Die religiöse Allmacht der Kirche und die hierarchische Struktur des Adels, machen das Leben vieler Leibeigener zur Hölle auf Erden. Die oft stark romantisierte Darstellung des Lebens auf einer Burg lässt Minette Walters weit hinter sich. Die Figur der Lady Anne ist eine gute Darstellung eines komplexen Charakters. Eine Frau, die von Nonnen erzogen wurde, dadurch heilkundig war und durch Heiratspolitik einen alten Mann heiraten musste, sah sich plötzlich in der Situation Entscheidungen auf einer Burg zu treffen. Die Lebensumstände der Notgemeinschaft innerhalb der Burg hat die Autorin so gut beschrieben, dass man beim Leben glaubt dabei zu sein.
Text: Jutta Engelmayer
Minette Walters – Die letzte Stunde, HV, 22€
Heyne, 9-783-453-27168-5
Minette Walters – Die letzte Stunde
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