Die großen Katastrophen der Weltgeschichte waren schon immer Thema in vielen Sachbüchern. Jetzt hat der Historiker Niall Ferguson mit „Doom“ eine neue Sicht dieser Ausnahmesituationen vorgelegt. „Die großen Katastrophen der Vergangenheit und einige Lehren für die Zukunft“, so der Untertitel des Buches. Seine zentrale These: Naturkatastrophen, Pandemien, Betriebsunfälle und Hungernöte kommen nie isoliert daher. Welche Ausmaße sie annehmen können, hängt maßgeblich auch von den politischen und wirtschaftlichen Systemen und statistischen Größen, wie z.B. der Bevölkerungsdichte ab. Wie man gerade in Deutschland sehen kann, sind Extremsituationen und Krisen ein Zeichen für die Funktionsfähigkeit und Resilienz einer Gesellschaft. Manche Systeme wachsen daran, andere stagnieren oder lösen sich unter Umständen auf. Die Auswirkungen sind in der Regel gesamtgesellschaftlicher Art, d.h. sie sind wirtschaftlicher, politischer und kultureller Natur. Ein zentrales Problem seit jeher ist der Umgang mit Falschinformationen. Dies erschwert den Umgang mit Katastrophen und Pandemien erheblich. Viele Situationen, die wir im Umgang mit Covid-19 erleben, sind daher nichts grundsätzlich Neues. Hier hilft ein Blick auf die großen Seuchen der Vergangenheit, wie Pest und Spanische Grippe. Ferguson führt in seinen Fallbeschreibungen eine Menge an teils neuen Fakten auf – die Anmerkungen im Buch umfassen fast 100 Seiten. Dies ist nicht immer einfach zu lesen, manchmal wird man von der Faktenfülle schier erschlagen. Dennoch: der Aufwand, die Anstrengung lohnt sich. Der Leser gewinnt einen klareren Blick auf diese Weltkatastrophen. Die schlechte Nachricht ist, eine Vorhersagbarkeit lässt sich daraus nicht herleiten. Die Gesellschaft muss mit dieser Ungewissheit leben. Lernt sie aber aus der Vergangenheit, kann sie besser und flexibler auf die Herausforderungen einer Katastrophe reagieren und Opfer verringern. „Doom“ von Niall Ferguson gehört zur Pflichtlektüre jedes aufgeklärten Lesers.
Text: Ulf Engelmayer
Niall Ferguson – Doom, HC, 28€
DVA, ISBN 978-3-421-04885-1