Keine Person wird mit der 68iger Bewegung so sehr verbunden wie Rudi Dutschke. Ein charismatischer Redner, Denker und politischer Aktivist. Immer an vorderster Stelle bei Demonstrationen, Sit-ins, Versammlungen. Quasi das Gesicht der Revolte. Aber auch das Hassobjekt für weite Teile der Bevölkerung. Der investigative Journalist und Autor Ulrich Chaussy hat jetzt eine interessante Biographie über Rudi Dutschke vorgelegt. Das Ergebnis seiner umfangreichen Gespräche mit Zeitzeugen und Recherchen in Archiven, ist ein sehr dichtes, intimes Portrait des Studentenführers. Wobei dieser Begriff den Kern der Persönlichkeit Dutschkes nicht trifft. Kader- und Führungsprinzipien der orthodox-kommunistischen Parteien hat er zeitlebens strikt abgelehnt. Aufgrund seiner Erfahrungen in der jungen DDR, verließ er früh diesen Staat und begann ein Studium der Sozialwissenschaften in Westberlin, dem Kulminationspunkt der neuen sozialen Bewegungen. Dutschke gab dem Unmut und dem Widerstand gegen das Hofieren von Diktatoren aus der dritten Welt, der im Kern repressiven gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik, eine Stimme. In ihm verband sich das Konkrete mit dem Visionären. Nach dem Attentat eines Rechtsradikalen auf ihn – an den Folgen er Jahre später in Dänemark starb – explodierte der Protest im Land. Ziel war vor allem der Springerverlag, der mit seiner Hetzte gegen die Studentenbewegung die Stimmung für dieses Attentat schuf. Nach einer langen Rehabilitationsphase und Odyssey durch Europa, gelang es Rudi Dutschke noch einmal politischen Einfluss zu nehmen. Er gilt als einer der Gründer der Grünen. Wer sich für die Geschichte und den Beginn der 68er Bewegung interessiert, der findet in diesem Buch viele, gerade auch unbekannte Details über die Ereignisse und die auch private Person Rudi Dutschke. Kompetent, detailliert und engagiert geschrieben.
Text: Ulf Engelmayer
Ulrich Chaussy – Rudi Dutschke – Die Biographie, geb., 26,99€ Droemer, 978-3-426-27752-2