In der Otto Show von 1973, kam ein schmächtiger junger Mann mit einem riesigen, damals modernen Kragen unter seinem Pullover auf die Bühne. Dabei hatte er eine Gitarre. Er wollte dem Publikum Protestlieder vortragen. Es dauerte eine Weile bis er anfing zu singen. Zunächst redete er etwas unzusammenhängend, aber er hatte bereits die ersten Lacher mit seinen Wortspielereien auf seiner Seite. Das ist 50 Jahre her, man mag es kaum glauben, wie erfolgreich die Karriere dieses jungen Mannes werden sollte. Zu der Zeit studierte er bereits Malerei und Kunstpädagogik. Jetzt gab der Heyne Verlag ein Buch mit 75 Meisterwärken von Otto Waalkes heraus. Und wirklich – Meisterwärke mit „ä“ ist kein Schreibfehler. Die Bilder werden chronologisch nach ihrer originalen Entstehungszeit vorgestellt. Von der Höhlenmalerei bis zur modernen Kunst. Der Betrachter ist erstaunt. Da sieht das Mammut auf der Höhlenwand dem Ottifanten sehr ähnlich und die Statuen auf den Osterinseln haben plötzlich einen Rüssel. Einige Seiten weiter liegt plötzlich, statt eines ermordeten Jean Paul Marat, ein im 21. Jahrhundert bekannter Komiker in der Badewanne. Otto Waalkes ist der Ansicht, dass der Ottifant in der Abendländischen Malerei zu kurz gekommen ist. Das hat sich mit diesem Buch geändert. Als Modell ist der Ottifant unglaublich vielseitig. Glaubhaft schwingt er mit dem Rüssel die Tricolore, schmiegt sich statt der üblichen Perle als Ohrring an das Gesicht eines Mädchens und macht als Denker eine Ottifigura. Als Goldhelmträger sieht er allerdings etwas erdrückt aus. Vielleicht trägt er lieber ein Baseballcap. Ist es frevelhaft weltberühmte Kunst, wenn auch mit Änderungen nachzumachen bzw. neu zu interpretieren? Wahrscheinlich nicht, denn die Änderungen sind offensichtlich. Es macht Spaß die Bilder anzuschauen und die Änderungen zu suchen. Denn oft ist der Ottifant perfekt in das Gemälde integriert. Beispiel ist „Schattenspiel“ nach Mark Kostabi, „Cobranetics“ oder „Bridge Over Silent Water“ nach Claude Monet, „Seerosen und japanische Brücke“. Zu jedem Bild gibt es Geschichten und Gedichte. Ein Buch mit hohem Unterhaltungswert. Schmunzeln ist garantiert, aber es entsteht auch Bewunderung für die Darstellung. Diese Spielereien muss man sich erst einmal ausdenken, bevor sie auf der Leinwand verewigt werden. Mit diesen Kunstwerken beweist Otto Waalkes wieder einmal, was für ein genialer Schelm er ist.
Text: Jutta Engelmayer
Otto Waalkes – Ganz große Kunst, PB, 26,-€
Heyne, 978-3-453-21861-1