Inspektor Ian Frey hat sich auf den von seinem ermordeten Onkels geerbten Landsitz in England zurückgezogen. Er will sich von dem schrecklichen Mord erholen. Ihn plagen Alpträume und er fragt sich, ob auch sein Kollege McGray, nach der Ermordung seiner Eltern durch seine Schwester, Nacht für Nacht von der Tat heimgesucht wird. Kaum denkt er an seinen schottischen Kollegen taucht der auf dem Landsitz auf. Er fährt mit einer vierspännigen Kutsche vor und bedrängt Frey, dringend mit ihm zurück nach Edinburgh zu kommen. McGrays Freundin und Vertraute, die Hellseherin und Geschäftsfrau Madame Katerina wird des Mordes an sechs Mitgliedern einer reichen Edinburgher Familie beschuldigt. Frey kennt Katerina und hat seine eigene Meinung zu dieser besonderen Dame. Er weiß, wie außerordentlich McGray sie schätzt. Ian Frey lässt sich überreden und begleitet seinen Kollegen zurück in die schottische Hauptstadt.
Madame Katerina wurde von einem Mitglied der reichen Familie Shaw beauftragt eine Séance abzuhalten. Es sollte eine Verbindung zu der verstorbenen Grannie Alice aufgenommen werden. Sechs Familienmitglieder nehmen an der Séance teil. Den Bediensteten des Hauses wurde an diesem Abend frei gegeben. Am nächsten Morgen werden alle Teilnehmer tot aufgefunden. Nur Madame Katerina hat überlebt. Damit ist sie tatverdächtig und wird verhaftet. McGray ist verzweifelt, der Gerichtstermin ist nicht mehr weit entfernt. Ausgerechnet sein alter Feind Pratt, der schon der zuständige Staatsanwalt bei dem Prozess gegen seine Schwester war, ist auch diesmal sein Gegner. McGray und Frey läuft die Zeit davon. Pratt schnüffelt ihnen gnadenlos hinterher und die Ermittlungen in dem aktuellen Fall gestalten sich als sehr kompliziert. Denn die Familie Shaw hat eine düstere Geschichte. Langsam glaubt sogar Ian Frey an Gespenster.
Der in Mexico City geboren Oscar de Muriel zog für seine Promotion als Chemiker nach England. Im 5. Fall des schottisch-englischen Kommissar Duos, zeigt sich der ruppige Schotte McGray von seiner kämpferischen, aber auch seiner sensiblen Seite. Für seine gute Freundin Katerina schmeißt er sich mit allen seinen Möglichkeiten in Zeug. Und er verfügt über ein beträchtliches Repertoire. Sein Widersacher, der Staatsanwalt Pratt weckt düstere Erinnerungen an die Gerichtsverhandlungen über seine Schwester. Sein englischer Kollege unterstützt ihn tatkräftig, obwohl oder gerade, weil er selbst eine schwere Zeit durch den Mord an seinem Onkel durchmacht. Wo McGray zu emotional wird, gleicht Frey mit analytischen Gedankengängen aus.
De Muriel ist hier ein komplexer Kriminalroman gelungen. Seine lebendigen Charakterportraits verleihen dem Roman Tiefe. Das Durchleiden und der innere Kampf des griesgrämigen Schotten sind so glaubwürdig wie die Motive und Gedanken der anderen Charaktere in diesem Buch. Lesenswert!
Text: Jutta Engelmayer
Oscar de Muriel – Die Totenfrau von Edinburgh, TB, 10€
Goldmann, ISBN 978-3-442-49111-7