Wer kennt das nicht: Der Blick auf die dörfliche Idylle, wo alles geordnet und sortiert ist und seinen monotonen Gang geht. Wo jeder den Nachbarn kennt und die Gärten ordentlich sind. In diese alte Heimat geraten Martin, Geografie Student in München und sein alter Kumpel Noah, Egomane und Jungschauspieler. Sie sind dabei die Folgen einer durchzechten Münchner Nacht in einem Kies See zu beseitigen. Nein, es handelt sich um keine Leiche. Kristin Höllers Debütroman „Schöner als überall“, beschäftigt sich mit den banalen Dingen des Alltags. Dem entrinnen wollen der ewiggleichen Tristesse der Provinz. Dem Gefühl, da muss doch noch etwas anderes sein. Aus dem Kurztrip in die Vergangenheit, wird ein längerer Aufenthalt. Martin trifft seine große Liebe Mugo wieder, die mit großen Illusionen den Weg in die Metropole Wien gesucht hat, dort aber gescheitert ist. Kristin Höller gelingt es, eine „Coming of Age“ Geschichte aufzulegen, die den Nerv des Lesers trifft. Verzweiflung, aber auch Hoffnung auf Gemeinsamkeit wechseln sich in diesem Roman ab. Alle Personen scheinen in ihren Zwängen gefangen zu sein. Dennoch wird für Martin die Reise in seine Heimat, eine Reise in eine neue Zukunft.
Höller weiß, wie Provinz aussieht. Das Buch, oft zwischen Melancholie und bissigem Humor schwankend, zeichnet ein sehr anrührendes Bild des Alltagslebens. Es zeigt sehr scharf die Deformation der Menschen und Fassaden, die aufrechterhalten werden, um den Schein zu wahren. Alles inmitten der bürgerlichen Siedlungsödnis. Dem gegenüber steht die Wut der Unangepassten, die Angst haben diesen Verhältnissen nicht entrinnen zu können.
„Schöner als überall“ ist ein gelungener Debütroman.
Text: Ulf Engelmayer
Kristin Höller – Schöner als überall, HC, 18€
Suhrkamp, 978-3-518-46995-8