Norwegische Autoren haben in den letzten Jahren Akzente gesetzt. Ausufernde Romane mit starken autobiografischen Bezügen, sind eine Spezialität norwegischer Prosa. Jetzt hat einer der wohl am schwersten zu verdauenden Schriftsteller, nämlich Jon Fosse, die ersten zwei Teile eines geplanten siebenteiligen Werks aufgelegt. „Der andere Name“, spielt in einem kleinen Ort an der Südwestküste Norwegens. Dort lebt seit dem Tod seiner Frau der Maler Asle und widmet sich in dieser einsamen Gegend ganz seiner Malerei. Umsorgt wird er von seinem Nachbarn Asleik, einem Junggesellen, der sein Leben als Fischer und Kleinbauer bestreitet. Asles einzige Abwechslung sind regelmäßige Fahrten zu seinem in der Stadt lebenden Galeristen Beyer. In diesem Spannungsfeld entwickelt Fosse Asles Geschichte, die sich hauptsächlich mit dessen Innenleben und seiner Befindlichkeit befasst. Schnell verschwinden Realität, Traum und Erinnerungen. Geschickt erzeugt der Autor eine eigenartige, handlungsarme, aber atmosphärisch dichte Stimmung, die den Leser schnell in den Bann zieht. Vergangenheit und Gegenwart sind irgendwann nicht mehr auseinanderzuhalten. Verstörende Dinge brechen hervor, die alles beherrschende Natur Norwegens ist immer präsent. Ein großartiges, irritierendes Buch, dass dem Leser einiges abverlangt. Sich auf die Satzkonstruktionen einzulassen, es werden keine Punkte verwendet, ist gewöhnungsbedürftig. Der Textfluss ist auch ein Gedankenfluss
Text: Ulf Engelmayer
Jon Fosse – Der andere Name, HC, 30€
Rowohlt, 978-3-498-02141-2