Hape Kerkeling – Gebt mir etwas Zeit

Die Coronazeit hat nicht nur Schlechtes hervorgebracht. Manch einer hat in der erzwungenen Zurückgezogenheit Erstaunliches hgeleistet. So auch Hape Kerkeling. So passt der Buchtitel gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen ist „Gebt mir etwas Zeit“ der Wahlspruch des Hutmachers Cornelis Kerkeling aus dem Jahr 1667, zum anderen ein Motto für jemanden, der sich mit Genealogie und der Idee zu einem Buch befasst. Wer sich schon einmal intensiver mit Ahnenforschung beschäftigt hat, weiß wieviel Zeit für Recherchen und Interpretationen notwendig sind. Hape Kerkeling hat sich die Zeit genommen und nimmt den Leser mit in seinen familiären und persönlichen Time Tunnel. Für seine Familiengeschichte hat der Autor sich auf die Zeit des „Goldenen Zeitalters“ in den Niederlanden und den Anfang des 20igsten Jahrhunderts fokussiert, auf Spurensuche nach der Geschichte seiner Großmutter. Jetzt gewährt der Autor Einblick in seine Zeit als Jugendlicher, den Beginn seiner erstaunlichen Karriere und seiner Homosexualität. Retrospektiv betrachtet scheint Hape Kerkeling selbst erstaunt über seinen frühen Erfolg zu sein. Anfang der 90er Jahre wurde öffentlich bekannt das er homosexuell ist. Der WDR wollte ihn zu einer Scheinbeziehung drängen, er lehnte ab.
Hape Kerkeling schildert ausführlich seine Affinität zu Amsterdam. Die Freiheit in der niederländischen Stadt zieht ihn an. Dort lernt er Duncan kennen und verliebt sich sofort. Doch diese Liebe endet tragisch durch eine HIV-Infektion an deren Folgen Duncan stirbt.
Viele Menschen stellen sich die Frage: Wo komme ich eigentlich her. Ahnenforschung ist beliebt und Dank Internet einfacher geworden. Hape Kerkeling geht sogar so weit mit einer Speichelprobe seine Gene in einer Datenbank abgleichen zu lassen. Erstaunliches kommt zum Vorschein. Seine genetische Abstammung zeigt u.a. deutsche, niederländische, portugiesische, skandinavische und britische Ahnen. Das Goldenen Zeitalter in den Niederlanden im 17. Jahrhundert bescherte den Ahnen Ansehen und Reichtum. Einer von Ihnen war ein einflussreicher Händler. Er baute sich in Amsterdam ein Haus in allerbester Lage. Der Stammvater des Namens Kerkeling. Der Autor erzählt fiktiv vom Leben dieser Familie und deren Nachkommen, wie es hätte sein können. Vielleicht ist seine Liebe zu Amsterdam in seinen Genen verankert. Erstaunt ist Hape Kerkeling über seine britischen Spuren. Bei seinen Recherchen findet er heraus, dass seine Oma Bertha unehelich geboren wurde. In hohem Alter wurde sie dement. Sie erzählte von einem Leben im Schloss und einer Kaiserin. Diese Erzählungen wurden nie ernst genommen und als erfundene Geschichten abgetan. Der Autor nimmt dies zum Anreiz der Abstammung seiner geliebten Oma auf die Spur zu kommen.

Hape Kerkeling wurde 1964 in Recklinghausen geboren. Bereits 1984 begann er beim Fernsehen zu arbeiten. Seine TV-Shows, Serien, Filme und Bücher sind ein Publikumsmagnet. Als Schriftsteller hat er Millionen von Lesern erreicht und begeistert. Seine Bücher tauchen regelmäßig in der Spiegel-Bestsellerliste auf. Jetzt sein neues Buch „Gebt mir etwas Zeit“, eine Reise in die Vergangenheit. Eine Antwort auf die Frage, woher wir kommen, was uns prägt und wohin die Reise geht. Ein Buch, dass zum Schmunzeln bringt, aber auch die dunklen Seiten einer Karriere aufzeigt. Als Entertainer ein Publikumsmagnet, als bekennender Homosexueller in den 90er Jahren nicht tragbar. Aber seine Karriere geht weiter. Ein trotz einiger Längen empfehlenswertes Buch. Hape Kerkeling beweist wieder einmal, dass er schreiben kann – humorvoll, interessant, lehrreich und gefühlvoll.

Text: Jutta Engelmayer
Hape Kerkeling – Gebt mir etwas Zeit, HC, 24€
Piper, 978-3-492-05800-1

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