In den ganzen Diskussionen um den Klimawandel taucht ein Thema so gut wie gar nicht auf: das Problem der Klimagerechtigkeit. Dieser Begriff wurde geprägt, um darauf zu verweisen, dass die Klimakrise nicht effektiv bekämpft werden kann, ohne auf die sozialen Ungerechtigkeiten einzugehen, die sie herbeigeführt haben. Es ist dem Autor Elias König und seinem im Unrat Verlag erschienen Buch „Klimagerechtigkeit“ zu verdanken, dass auch hierzulande dieses Thema langsam in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Vor jetzt 30 (!) Jahren fand in der US-Hauptstadt Washington ein Kongress von weltweiten Umweltgerechtigkeitsgruppen statt. Das Ergebnis der Konferenz war die Verabschiedung von 17 Prinzipien der Umweltgerechtigkeit (environmental justice). Diese Prinzipien umfassen einen größeren Rahmen als die auch hierzulande verengte CO2 Debatte. Dazu gehören u.a. die Forderung nach einem Stopp der Produktion von toxischen und radioaktiven Materialien (Prinzip 6), das Recht auf einen nachhaltigen und sicheren Arbeitsplatz (Prinzip 7), sowie die Verurteilung von Landraub, militärischen Besetzungen und der Ausbeutung von Land, Menschen, Kulturen und anderen Lebensformen (Prinzip 10). Wie entscheidend diese Prinzipien sind, lässt sich gerade in den nicht so weit entwickelten Ländern erkennen. Außerdem trug der Aktivismus der weißen Oberschicht (z.B. in den USA) oft zu einer Verlagerung der Probleme in ärmere Gegenden bei, so Elias König. Klimawandel und Klimagerechtigkeit müssen als eine Thematik gesehen werden, gesellschaftliche Emanzipationsprozesse und die Eingehung von wirtschaftlicher Übermacht müssen mitgedacht werden. Sonst kann ein Wandel nicht gelingen, schon gar nicht gegen einen erheblichen Teil der Bevölkerung, die aus sozialen Gründen ihr Konsumverhalten nicht von einen auf den anderen Tag umstellen kann.
Elias Königs Buch sollte zur Pflichtlektüre aller politischen Aktivisten und Politiker werden, denen ernsthaft daran gelegen ist, eine soziale und ökologische Wende herbeizuführen.
Elias König forscht an der Universität Peking zu Umweltphilosophie, sozialen Bewegungen und epistemischer Gerechtigkeit. Seit 2015 schreibt er journalistisch über diese Themen für Medien wie The Ecologist, Truthout und Analyse & Kritik. Als Aktivist ist er häufig auf Aktionen und Workshops der Klimagerechtigkeitsbewegung in Deutschland und anderswo anzutreffen.
Text: Ulf Engelmayer
Elias König – Klimagerechtigkeit, PB, 12,80€
Unrast Verlag, 978-3-89771-088-7