Die 70er Jahre sind zurzeit Gegenstand vieler literarischer Abhandlungen und Sachbücher. Jetzt hat sich der bildende Künstler mit seinem Buch „Dive“ zu Wort gemeldet. Der Untertitel vermeldet um was es geht. „Tagebuch der Siebziger“. Also keine Autobiographie, sondern ein Sprung in die unmittelbare Wahrnehmung eines heranwachsenden, gutaussehenden jungen Mannes, der sich durch die Wirrungen dieser aufregenden Zeit kämpfen muss. Dies heißt zunächst: Sex, Drugs and Rock n` Roll. Auch in seiner Heimatstadt Minneapolis. Eine Party löst die andere ab, heute würde man dies alles wohl als Komasaufen bezeichnen. Duncan Hannah will Künstler werden, dies natürlich nicht zur Freude seiner eher konservativ eingestellten Eltern. So what – die Alten mit exaltierten Verhaltensweisen schocken, war in den westlichen Gesellschaften in der damaligen Zeit State Of The Art. Richtig Fahrt nehmen die Tagebücher nach Hannahs Wechsel in die quirlige Metropole New York auf. Als IT-Boy, schnell Bestandteil der Boheme, steht er im Mittelpunkt der kulturellen Hurricanes der von dieser Stadt ausgeht. Er hat alles mitgenommen. Die Partys in Andy Warhols Factory, die Punkkonzerte im CBGB`s, die New Yorker Kunstszene, David Bowie, die Talking Heads, Blondie… Das Personenregister des Buchs umfasst 15 (!) Seiten. In den wachen Momenten zwischen Drogen und Alkoholnebel hadert er mit seiner künstlerischen Entwicklung, aber erste Erfolge stellen sich ein. Trotzdem bleibt sein Leben eine Mischung aus abgerockten Wohnungen, kaputten Beziehungen, Glamour und exzessivem Feiern. Duncan Hannah hat überlebt und gehört heute zu den renommierten zeitgenössischen Künstlern der USA. Authentisch, intensiv und überraschend, ein 550 Seiten Wälzer, der den Leser tief in die damalige Zeit eintauchen lässt. Ein Buch, das nicht in einem Rutsch gelesen werden muss, sondern Stück für Stück, wenn einem der Sinn danach steht. Am besten mit einem guten alkoholischen Drink.
Text: Ulf Engelmayer
Duncan Hannah – Dive, gebunden,28€
rowohlt, ISBN 978-3-7371-0092-2