Dirk Stermann erzählt in seinem Roman die Geschichte des Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall, nach dessen Biografie „Erinnerungen aus meinem Leben 1774-1852“.
Bei seiner Geburt ist Joseph Hammer noch kein Freiherr. Sein Vater wird erst Jahre später geadelt. Joseph wird am Wiener Hof zum Sprachknaben ausgebildet. Heute würde man Dolmetscher sagen. Er lernt orientalische Sprachen wie Türkisch, Arabisch und Persisch. Sein Sprachtalent ist immens. Sein größter Wunsch ist es Orientalist zu werden. Er schließt seine Ausbildung als Bester ab. Doch sein Traum nach Konstantinopel geschickt zu werden zerbricht. Andere junge Männer, die von altem Adel abstammen, werden bevorzugt. Hammers Wut ist unermesslich. Doch später wird ihm durch Hartnäckigkeit und der Gunst ihm wohlgesinnter Personen doch noch eine Reise nach Konstantinopel gewährt. Dort wird zwar kein weiterer Sprachknabe benötigt, aber Joseph soll dort sein türkisch vervollkommnen und persisch lernen. Sein weiteres Ziel soll Persien sein. Für die Reise muss er dem Außenminister einen Wunsch gewähren. Er soll eine Originalausgabe von Tausendundeine Nacht mitbringen. Hammer gelangt nach Konstantinopel und reist über Umwege nach Ägypten. Dort haben sich Napoleons Truppen festgesetzt. Die Briten lagern vor Alexandria und Joseph lernt den als Held verehrten Sir Sidney Smith kennen.
Hammers bislang nur aus Büchern und Erzählungen bestehenden Vorstellungen vom Orient werden übertroffen. Sein Leben lang wird er Vermittler zwischen den Welten von Orient und Okzident sein. Er übersetzt Gedichte und schließlich auch die Geschichten von dem betrogenen persischen König, der nie wieder einer Frau trauen will. Jeden Tag heiratet der König eine andere, die am Morgen getötet wird. Scheherazade, die Tochter des Wezirs, lässt sich dem König zur Frau geben. Sie erzählt dem König eine Geschichte, die so spannend ist und am Morgen unterbrochen wird, dass der König sie Nacht um Nacht weitererzählen lässt. Tausendundeine Nacht lang. Joseph Hammer feiert Erfolge und Niederlagen. Durch seine Art sich für ein Genie zu halten, macht er sich Feinde. Abgeschoben und verkannt kämpft er sein Leben lang für eine Anerkennung, die ihm seiner Meinung nach zusteht.
Dirk Stermann ist gebürtiger Duisburger. Seit 1987 lebt er in Wien. Er ist Kabarettist, Fernsehmoderator und in Deutschland bei Fernseh- und Radioshows präsent. 2016 wurde sein erster Roman veröffentlicht.
„Der Hammer“ ist ein Werk, dass man nicht aus der Hand legen kann. Der zwiespältige Charakter des Joseph von Hammer ist faszinierend dargestellt. Das Sprachgenie leidet unter seinen Konkurrenten, die er für völlige Dilettanten hält. Seine Sehnsucht nach dem Orient ist nachfühlbar. Seine Perfektion und die Arroganz sind von dem Autor Dirk Stermann gekonnt beschrieben worden. Die Dialoge sind wortgewaltig. Ein absolut empfehlenswerter Roman.
Text: Jutta Engelmayer
Dirk Stermann – Der Hammer, HC, 24€
Rowohlt, 978-3-498-04701-6