Dieter Kosslick, langjähriger Direktor der internationalen Festspiele Berlin, hat jetzt seine Erinnerungen vorgelegt. „Immer auf dem Teppich bleiben“, so der Titel des bei Hoffmann und Campe erschienenen Buches. Man erfährt hier einiges Unbekanntes über diesen so überaus populären Festivalleiters. Früh entdeckte er in der baden-württembergischen Provinz seine Leidenschaft für das Kino. Der Sehnsuchtsort für Jugendliche auf dem Land in den 50er und 60er Jahren. Kosslick studierte Pädagogik, Politik und Kommunikationswissenschaft in München. Er war Büroleiter und Redenschreiber von Ulrich Klose, Hamburgs Erstem Bürgermeister, Autor in der Konkret. Erfahrung im Filmbusiness sammelte er bei den Filmförderungen Hamburg, Brüssel und Nordrhein-Westfalen. Gut vernetzt, wurde er 2001 Direktor der Berlinale. Das Filmfestival, schon immer politisch stark engagiert, gewann unter seiner Leitung noch mehr an Profil, zahlreiche neue Sektionen entstanden. Die Maximen des Festivals lassen sich in drei Worten zusammenfassen: Menschenwürde, Toleranz und Diversität. Auch der ökologische Aspekt kam nicht zu kurz. Der Versuch das Festival klimaneutraler zu gestalten, Initiativen für bessere Ernährung, Nachhaltigkeit im Ressourcenverbrauch. Ein Herzensthema des Autors, dies merkt man seinen Erinnerungen an. Mit Dieter Kosslick, diesem Kommunikationsgenie kehrte auch der Glamour nach Berlin zurück. Diese „Berlinale Geschichten“ bekommen in seinen Erinnerungen breiten Raum. Neben der immer größer werdenden Gruppe der Berlinale-Familie, Weltstars wie George Clooney, Cate Blanchett und Tilda Swinton gelangen ihm einige überraschende Coups. Er holte die Rolling Stones nach Berlin, gewann Merryl Streep als Jurypräsidentin und er holte den Bollywood Mega Star Sah Rukh Khan an die Spree. Der größte Coup blieb ihm durch die deutsche Politik verwehrt: Fidel Castro, als Hauptdarsteller einer Oliver Stone Dokumentation, nach Berlin zu holen. Dies hätte die deutsche Diplomatie wohl arg durcheinandergebracht. „Immer auf dem Teppich bleiben“ ist ein sehr kurzweiliges Buch über das Filmbusiness, die speziellen Herausforderungen eines Festivaldirektors und eine sentimentale Erinnerung an einen großen Kommunikator und politischen Menschen. Was hätte Dieter Kosslick wohl gemacht, fragt man sich unwillkürlich in Pandemiezeiten.
Ein Buch für alle, die die magischen Momente des Kinos lieben.
Und: Kosslick wäre nicht er selbst, wenn er uns zum Ende des Buches nicht noch einen persönlichen Blick auf die Zukunft des Kinos gestattet – und die stimmt einen hoffnungsvoll.
Text: Ulf Engelmayer
Dieter Kosslick – Immer auf dem Teppich bleiben, HC, 25€
Hoffmann und Campe, ISBN 978-3-455-00360-4