Benedicts Wells – Die Geschichten in uns – Vom Schreiben und vom Lesen

Allein der Titel ist schon verführerisch. Diese Geschichten in uns fangen bereits früh an. Wenn ein Kind atemlos und aufgeregt den Eltern von den Abenteuern und Erlebnissen des Tages erzählt, oder Großeltern ihren Enkeln aus der eigenen Kindheit berichten. Und dann gibt es noch die Geschichten, die für aufmerksame Beobachter buchstäblich auf der Straße liegen. Vieles davon bleibt im Gedächtnis, oder wird einem Tagebuch anvertraut. Das wenigste wird zu einem Buch. Jetzt schreibt ein erfolgreicher Schriftsteller, über das Schreiben. Als Einstieg erzählt Benedict Wells ausführlich und sehr persönlich von seinen eigenen Anfängen. Er beschreibt warum er angefangen und trotz vieler Misserfolge nicht aufgegeben hat. Viele Verlage lehnten seine Manuskripte ab. Selbst Probeleser aus Bekannten- und Freundeskreis taten sich mit seinen Schreibversuchen schwer. Trotzdem macht er weiter. Überarbeitet seine Geschichten, schreibt neue und arbeitet wie ein Besessener. Die Mühe lohnt sich. Er wird bei Diogenes unter Vertrag genommen. Was bei der Lektüre des Buchs zunächst wie ein Märchen klingt, ein junger Mann mit schwieriger Kindheit und Jugend wird zum Bestsellerautor, erscheint im Verlauf wenig märchenhaft. Er lebt in einer kleinen Wohnung in Berlin im Prenzlauer Berg, hat kaum Geld, schläft wenig, friert und arbeitet hart an seiner Schriftstellerkarriere. Vor allem scheint er selbst sein größter Kritiker zu sein. Immer wieder überarbeitet er seine Manuskripte, zerlegt Sätze und sucht nach den passenden Worten. Als Leser fragt man sich: wird er irgendwann auch mal fertig? Er wird es und sein Erfolg beweist das.
Benedict Wells gibt in vielen Beispielen, anhand seiner eigenen Romane Ratschläge zur Entstehung, Entwicklung und Überarbeitung eines Buchs. Er stellt verschiedene Schreibtechniken vor und gibt Tipps, wenn einmal gar nichts mehr geht. Durchhalteparolen, wenn Schreibblockaden und Selbstzweifel zu groß werden. Immer wieder gibt es Verweise auf andere Schriftstellergrößen, wie F. Scott Fitzgerald, Ernest Hemingway, Steven King und vielen anderen. Von den Großen lernen ist die Devise, aber nicht nachahmen. Letztendlich muss jeder angehende Schriftsteller seine Arbeitsweise entwickeln und den eigenen Stil finden.
Benedict Wells ist ein deutsch-schweizerischer Schriftsteller. Sein zweites Buch „Becks letzter Sommer“, wurde 2008 bei Diogenes veröffentlicht. Dieser Roman fand in der Literaturkritik große Beachtung und wurde 2015 mit Christian Ulmen verfilmt. Sein vierter Roman „Vom Ende der Einsamkeit“ erschien 2016 und stand mehr als ein Jahr auf der Spiegel-Bestsellerliste. An dieser Geschichte schrieb der Autor sieben Jahre. Auch sein 2021 erschienener fünfter Roman „Hard Land“ wurde ein großer Erfolg. Obwohl der Autor beschloss das Schreiben erst einmal ruhen zu lassen, erschien 2024 das autobiografische Sachbuch „Die Geschichten in uns. Vom Schreiben und vom Leben“. Für wen ist dieses Buch? Zum einen sicher für alle am Schreiben interessierten Menschen. Wobei sich die Frage stellt, ob dieser erfolgreiche Autor mit seiner Art zu arbeiten Schreibinteressierte nicht abschreckt. Bemerkenswert ist auf jeden Fall sein Durchhaltevermögen. In diesem Buch findet der Leser, viele hilf- und lehrreiche Hinweise. Der Autor weist aber darauf hin, dass es keine todsicheren Tipps für das Schreiben gibt. Fans von Benedict Wells können etwas über den Background seiner Romane erfahren.

Text: Jutta Engelmayer
Benedicts Wells – Die Geschichten in uns, HC, 26€
Diogenes, 978-3-25707314-0

Please follow and like us:

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.