Was für ein Plot! Dazu eine Ansammlung skurriler Menschen, die in eine haarsträubende Geschichte verwickelt werden. „Die Erfindung der Sprache“ ist der dritte Roman von Anja Baumheier, die neben ihrer literarischen Tätigkeit Lehrerin für Französisch und Spanisch ist.
Der Hauptschauplatz ihrer Geschichte ist die fiktive ostfriesische Insel Platteoog. Plötzlich verschwindet der zugezogene Hubert Riese, auf Platteoog verantwortlich für den Leuchtturm. Er ist als Schwiegersohn des Bäckermeisters und dessen tschechischer Frau in das soziale Leben auf der Insel eingebunden. Hubert hat allerdings einen Hang zum Eigenbrötler und zu Verschwörungstheorien, ist aber mit einer gehörigen Portion Erfindergeist und handwerklichem Geschick ausgestattet. Am 13. Geburtstag seines Sohnes tritt er plötzlich eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg an, von der er nicht zurückkehrt. Jahre später fasst sein Sohn Adam den Entschluss, seinen Vater zu suchen. Das Handicap, Adam mittlerweile Sprachwissenschaftler an der Berliner Universität, leidet unter Autismus. Er liebt klare Strukturen und Listen mit sieben Punkten. Reisen ist gar nicht sein Ding. Trotzdem macht er sich gemeinsam mit der Göttinger Logopädin und Tierkommunikatorin Zola, einer Katze und einem altersschwachen Bulli auf den abenteuerlichen Weg. An dieser Stelle mehr über diese Familiengeschichte zu verraten, könnte den Lese Spaß mindern.
Anja Baumheiser breitet in fast 500 Seiten eine hoch unterhaltsame Familiengeschichte aus, erzählt in zwei Parallelhandlungen. Gepaart mit wunderbarer Fabulierkunst
und originellsten Charakteren ist „Die Erfindung der Sprache“ ein Lichtblick in der deutschen Romanlandschaft. Das Buch zeigt, das fantastische Geschichten über den sogenannten Alltag noch möglich sind. Gut vorstellbar auch als Filmplot! Das Buch 2021 für die Insel.
Text: Ulf Engelmayer
Anja Baumheier – Die Erfindung der Sprache, geb, 20,-€
Kindler Verlag, 978-3-463-00023-7