Jonathan Eig „Martin Luther King – Ein Leben“

Eine neue Biografie über einen der größten amerikanischen Führer der schwarzen Bewegung. Es ist ein monumentales Werk über 700 Seiten. Natürlich stellt sich jeder die Frage, wie aktuell sind die damaligen Ereignisse in den USA, wie ist der Stellenwert von Martin Luther King einzuordnen? Der Autor des Buches, Jonathan Eig, hat einschlägige Erfahrung und Expertise bei Biografien über große amerikanische Schwarze. Sein Buch über Mohammed Ali unter dem Titel „Ali, Ein Leben“ war ein großer Erfolg. Jetzt Martin Luther King, der große Prediger und Führer der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Das Buch nimmt sich viel Zeit, die Leserinnen in die schwarze Welt der Südstaaten einzuführen. Zwar ist die Sklaverei nach dem amerikanischen Bürgerkrieg abgeschafft, aber in den Südstaaten herrscht eine rigide Rassentrennung. Diese manifestiert sich im Alltag an zahllosen Restriktionen: keine gemeinsamen Restaurants, oder Parks. Gemeinsamer Schulunterricht ist komplett undenkbar und es gibt eine strikte Trennung in den öffentlichen Bussystemen und selbst bei öffentlichen Wasserspendern. Lynchmorde sind an der Tagesordnung, das Leben außerhalb der schwarzen Community ist lebensgefährlich. In diesem Umfeld wächst Martin Luther King, Sohn eines Predigers heran. Intelligent und belesen gelingt es ihm auf eine höhere Schule zu gehen, die natürlich nur schwarzen Schülerinnen vorbehalten ist. Gut gekleidet und eloquent erregt er schnell Aufmerksamkeit, insbesondere bei der Damenwelt. Die Rolle als Womanizer wird er auch nach seiner Heirat mit Coretta King und seinem Beruf als Prediger nie ablegen. Nach seinem Studium und Ausbildung nimmt King eine Stelle als Leiter einer Kirche in den Südstaaten im Ort Montgomery an. Dort gerät er ins Zentrum der Auseinandersetzung um die Rechte der schwarzen Bevölkerung. Der legendäre Bus Streik, ausgelöst von Rosa Parks, die sich weigerte, ihren Sitzplatz für Weiße freizumachen, war das Staatsignal für die große, amerikanische schwarze Bürgerrechtsbewegung. Martin Luther King stieg sehr schnell zu deren Führer auf und gerät ins Visier der lokalen Sicherheitsbehörden und des FBI. Anschläge auf ihn und eine massive Abwehrkampagne setzen ihn und seine Mitstreiter unter massiven Druck. Auch innerhalb der Bewegung war sein rigoroser Ansatz für gewaltfreie Vorgehen umstritten. Der große Verdienst dieses Buches ist es, die Leser*innen mittels einer hohen atmosphärischen Dichte sehr nah an den damaligen Ereignissen teilnehmen zu lassen. Eine detailgenaue Schilderung der unfassbaren, schikanösen Verhältnisse macht das ganze Ausmaß der Unterdrückung klar. Zudem konnte der Autor noch freigegebene FBI-Dokumente in diese Biografie einfließen lassen. Der damalige Machtmissbrauch und offene Rassismus erklärt auch Entwicklungen, die bis in die heutige Zeit reichen. Jonathan Eig ist ein faszinierendes und auch differenziertes Portrait von King gelungen. Ein Portrait, das auch die widersprüchlichen Seiten der Person nicht auslässt. Der letztendliche Mord an diesem Prediger der Gewaltlosigkeit und auch Vermittler ist nur die unausweichliche Konsequenz der maßlosen Hetze und Repressionen, der dieser Bürgerrechtler Zeit seines Lebens unterworfen war.
Martin Luther, King, ein Leben von Jonathan Eig ist erschienenen bei DVA, mit zahlreichen schwarz-weiß Fotos und Lesebändchen. Das über 700 Seiten umfassende Buch kostet 34€ und enthält ein umfangreiches Literatur- und Personenverzeichnis ISBN 978-3-421-04845-5

Bewertung: ****

Text: Ulf Engelmayer

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